Rezensionen
 
  David Stoop
Rethink how you think
how to create lasting change today

Revell: Grand Rapids, 2014
197 S.

  Dr. David Stoop, Klinischer Psychologe aus Kalifornien, Dozent am Fuller Seminary und Vorstandsmitglied der American Association of Christian Counselors (AACC), hatte mit seinem vielfach aufgelegten Bestseller You Are What You Think, der 1982 zuerst unter dem Titel Self-Talk erschien, bereits einen der besten Ratgeber für die Anwendung Rational-Emotiver Verhaltenstherapie im Selbstmanagement für Christen vorgelegt. Entsprechend durfte man auf sein neuestes Buch gespannt sein, dessen Titel schon einmal zumindest einen ähnlichen Inhalt versprach. So ist es auch, und die Qualität des populär- wissenschaftlichen ersten Teils steht ebenfalls kaum hinter der von You are what you think zurück. Vor allem ergänzt der Anfangsteil den Bestseller, dessen verzeihliche Schwäche darin bestand, an manchen Stellen den Eindruck zu erwecken, im Sinne des „Positiven Denkens“ den realen Härten des Lebens nicht ganz gerecht zu werden. Es scheint, dass Stoop seine Anschauung von Krisenbewältigung durch die Einsicht in den Forschungsbefund der Neuropsychologie korrigiert hat: Bewertungsvorgänge erfolgen in hohem Maß unbewusst im Limbischen System und das neokortikale bewusste Selbst hat es mitunter arg schwer, den vorgeprägten emotionalen Reaktionsweisen Paroli zu bieten oder gar nachhaltigen Einfluss auf sie zu nehmen. Stoop findet die Konflikte, die in diesem neuronalen Spannungsfeld entstehen, auch vielfach in der Bibel wieder, überall dort nämlich, wo der Gegensatz zwischen bewusstem Willen und tatsächlichem Verhalten leidvoll zum Ausdruck gebracht wird, wie zum Beispiel im Römerbrief: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich“ (Rö 7,19). Die Analogie hat viel für sich, wenn wir uns vor Augen halten, wie stark die Persistenz selbstschädigender Bewertungsmuster trotz besseren Wissens sein kann und wie tief ihre biografischen Wurzeln reichen. Die Analogie ginge allerdings völlig daneben, wollte man das Limbische System mit theologischen Begriffen wie „Fleisch“ oder „Sünde“ identifizieren. Stoop meint das auch gewiss nicht so, aber er könnte an dieser Stelle deutlicher unterscheiden. Sehr zu begrüßen ist hingegen seine Schlussfolgerung, dass die Disputation selbstschädigender Vorstellungen über Gott und den Glauben nicht nur oberflächlicher intellektueller Einsicht bedarf, sondern eines langen, geduldigen Weges der Meditation. Damit nimmt er die alte Weisheit der Kirche auf, dass authentischer, wirklich befreiender Glaube ein kontemplatives Phänomen ist. Das beständig neue Erinneren und Betrachten der lebensbejahenden und gottvertrauenden Aussagen der Bibel kann auch massiv gebahnte lebensfeindliche Bewertungen in einem langen, kontinuierlichen Prozess nachhaltig verändern. Es wäre hilfreich, hierzu über empirische Daten zu verfügen; plausibel ist es gleichwohl. Im zweiten Teil wendet Stoop das kontemplative Prinzip auf ausgewählte Problembereiche wie Angst, Unversöhnlichkeit und Einsamkeit an. Das mag für Christen, die dort ihre Schwierigkeiten haben, hilfreich sein, allerdings nimmt es die Form einer kleinen Sammlung stoopscher Lehrstücke an, bei denen besonders die Vielzahl der Bibelstellen hervorsticht. Theologisch ist das insgesamt gut akzeptabel und erbaulich, aber es haftet doch auch ein wenig der Hauch dogmatischer Festlegungen daran und die Frage ist, ob es nicht stringenter gewesen wäre, stattdessen ein Selbsthilfemanual für spirituelle kognitive Umstruktierung mit Tiefenwirkung zu vermitteln. Somit schöpft das insgesamt für eine christliche Leserschaft empfehlenswerte Buch sein interessantes Thema leider nicht ganz so aus, wie es könnte.

14.02.2014, Hans-Arved Willberg



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     Datum der letzten Änderung: 14. Februar 2014