Abstracts
CURA ANIMARUM (2015) 1/2

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Hans-Arved Willberg

Evangelikale und charismatische Rezeptionen Kognitiver Therapie
Psychotherapie und Spiritualität – auf dem Weg zur Integration? Darstellung und Kritik integrativer Modelle aus den letzten zwei Jahrzehnten
2. Teil


Der Beitrag zeigt auf, dass, in deutlichem Gegensatz zur großkirchlichen Poimenik, der Einfluss Kognitiver Therapien (und darunter insbesondere der Rational-Emotiven Therapie [REVT] nach Albert Ellis) auf die evangelikale und charismatische Seelsorge vor allem im angelsächsischen Bereich sehr groß ist. Dass die Ansätze einer Kognitiven Seelsorge, die daraus entstanden sind, dennoch bis heute sowohl in der Theologie als auch in der Psychologie nur sehr wenig wissenschaftliche Bedeutung erlangt haben, liegt nicht zuletzt daran, dass die meisten der überwiegend fundamentalistischen Rezeptionen die kognitiv-therapeutische Methodik in ihr jeweiliges biblizistisches Subsytem absorbiert haben, ohne sich mit gebührender Sorgfalt um eine allgemein nachvollziehbare wissenschaftliche Begründung ihrer Konzeptionen zu kümmern. Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick dieser Rezeptionen, benennt Perspektiven und beleuchtet einige Problemfelder, die den interdisziplinären Diskurs von Theologie und Psychologie, Poimenik und Psychotherapie in Bezug auf die Integration Kognitiver Therapie und Seelsorge bis heute erschweren.


Matthias C. Bettex

Zur Anthropologie in Psychoanalyse und Bibel
Eine vergleichende Untersuchung

Der Beitrag beleuchtet aus tiefenpsychologischer Perspektive die archetypischen Gemeinsamkeiten des altgriechischen Ödipusmythos und der biblischen Erzählung von Kain und Abel. Es wird deutlich, dass in den scheinbar so grundverschiedenen Texten Problematik, Psychodynamik und Lösung des Konflikts zwischen Mensch und Gott, der in der Bibel „Sünde“ heißt, auffallend ähnlich beschrieben wird. Sigmund Freud hat diesen Aspekt in seiner Rezeption des Ödipusmythos aufgrund seiner grundsätzlichen Abneigung gegen die Religion außer Acht gelassen. Der Artikel zeigt durch vergleichende anthropologische Überlegungen Perspektiven und Problemfelder auf, die gleichermaßen Anliegen von Seelsorge und Psychotherapie sind, und sich daher eignen, in einem grundlegenden interdisziplinären Diskurs von Theologie und Psychologie erörtert zu werden. Auf diese Weise könnte es über existentielle Grundfragen neu zu einem Gespräch zwischen Theologie und Psychologie kommen.